Tränenreicher Abschied und "Hurrah"-Rufe in Braunschweig

Zitat

Tausendstimmige Hurrahs erschallten uns von allen Seiten entgegen! Aber auch manche Thräne sah man in dem Auge einer, ihren einzigen Sohn fortschickenden Mutter, wie manche wehmuthsvoll blickende Miene der lieben Braut oder der zurückblickenden Frau, welche ihrem Ernährer vielleicht zum letzten Male die Hand gedrückt!

"Donnerstag, den 28. Juli 1870. Morgens 9 Uhr marschirte unser 2tes Bataillon, nachdem das 1. Bataillon eine stunde früher abgerückt war, unter den Klängen der Regimntsmusik und zahlreicher Begleitung der Bewohner Braunschweigs und Umgegend, welche herbeigeeilt waren, von ihren Angehörigen Abschied zu nehmen, nach dem Bahnhofe. Tausendstimmige Hurrahs erschallten uns von allen Seiten entgegen! Aber auch manche Thräne sah man in dem Auge einer, ihren einzigen Sohn fortschickenden Mutter, wie manche wehmuthsvoll blickende Miene der lieben Braut oder der zurückblickenden Frau, welche ihrem Ernährer vielleicht zum letzten Male die Hand gedrückt! Wie manches stille Gebet stahl sich wohl in diesem verhängnißvollen Augenblick aus einem Herzen, dem wo möglich lange Zeit kein Gebet entstiegen war, - und Gott möge Dich beschützen und gesund und munter in unsre Arme zurückführen, - werden mehr als tausend Lippen gefflüstert haben! - Der Locomotivführer gab das Signal zur Abfahrt und nun setzte sich der lange Eisenbahnzug in Bewegung. In der nächsten Minute sah man nur noch die zum Abschiedsgruß wehenden Taschentücher. - Jetzt, - nachdem wohl fast jeder Soldat noch einmal an seine theuren Lieben in der Heimath gedacht und sich die schwierige Aufgabe welche ihm zufallen sollte, vor Augen gestellt, - ertönen aus allen Wagen, in welchen sich je 32 Mann befanden, muntere Volks= und Vaterlandslieder und ein Jeder fühlte sich begeistert. [...] Die Eisenbahnwagen waren mit den komischen Bemerkungen beschrieben, so las man unter anderen heitere Sprüche die Devise: "Eilgut von Braunschweig nach Paris!" oder "Magenbitter für Louis Napoleon!" u.d.m."