Liebesbrief vom 28. Dezember 1848 aus Wernigerode

"Theuerstes Fräulein. Bitte zu entschuldigen, daß ich es wage, Sie mit meinem Schreiben zu belästigen. Ihnen mündlich den schon lang gehegten Wunsch meines Herzens mitzutheilen, war mir bis jetzt unmöglich, und bin gezwungen zur Feder zu greifen. Obgleich ich fühle, daß der Weg, welchen ich jetzt, um mich Ihnen zu näheren, einschlage, wohl nicht die rechte Art ist, sich zu empfehlen, so wage ich es dennoch, und rechne auf Nachricht Ihres edlen Herzens. Schon seit geraumer Zeit umschwebte mich Ihr süßes Bild, war Ihnen schon mehrere Male nahe, ohne Ihnen meine Gegenwart, oder meine heimlichen Gefühle zu verrathen, allein jetzt mag der Augenblick entscheiden, ob ich durch Ihnen Ausspruch glücklich oder unglücklich werden soll.


Ich gestehe Ihnen offen, daß ich Sie, meine Theure, heiß und innig liebe, und wage Ihnen mein Herz und meine Hand anzubieten. Ein solcher Schritt erfordert Bedenken, von meiner Seite ist es geschehen, und glaube ich fast, daß, wenn mir das Glück zu Theil würde, Sie späterhin die Meine nennen zu können, wie gewiß höchst zufrieden leben würden, da ich, Gott sei dank, in den Stand gesetzt bin, Ihnen ein anständiges Loos bereiten zu können. Allein die weibliche Eitelkeit ist hiermit noch nicht zufrieden, und wird es auch Niemand tadlen, daß sie den Mann, ehe sie sich fest bindet, genau prüft, welchen sie ihre ganze Lebenszeit zu widmen gedenkt; von Herzen gern würde ich mir einer solchen Prüfung unterwerfen, und bitte inständig, mir nun einen Ort zu nennen, wo wir uns sehen oder mündlich besprechen können. Ja die frohe Hoffnung einer baldigen Antwort, küßt Sie im Geiste Ihr Sie liebender...."