Die Revolution 1848 in Berlin

Ihr Lieben!


Große Revolution in Berlin, ein furchtbares Gewehrfeuer hat soeben in unserer Straße ihr Ende erreicht, viele Todte und Verwundete liegen in den Straßen. Es ist eine Schreckens-Katastrophe. Jedoch ich muß vom Anfange beginnen, damit Ihr einen richtigen Begriff von der Sache erhaltet. Am Dienstag den 7tn März abends, versamlete sich eine große Menge Volk im Thiergarten, vor dem Brandenburger Thor, hier wurden nemlich von Studenten Reden gehalten, an das arbeitslose Volk wodurch diesem Nothstande abgeholfen würde. Dies wurde die ganze Woche fortgesetzt, unter einem immer größeren Andrange von Menschen, die Polizei wollte sie in Güte auseinander bringen jedoch ohne Erfolg. Es wurde hierauf von dem Volke beschloßen, eine Deputation von Bürgern an den König zu senden und ihn ihr Anliegen vorzutragen. Die Hauptsätze waren 1 Preßfreiheit, 2. Einberufung des Landtages, 3. Aufhebung der Handwerkscompanie, 4. Aufhebung der königl. Leihäuser, 5. Befreihung der verurtheilten Polen, und noch mehrere Kleinigkeiten.


Am Montag den 13 März war wieder eine große Volksversamlung daselbst, um 9 Uhr gehen alle wieder ins Thor, plötzlich wird das Thor geschloßen und mehrere Schwadrone Kaffalerie sprengen auf das Volk ein, um sie auseinanderzutreiben, und hauen scharf ein, jedoch wurde keiner getödtet aber viele verwundet. Dies reitzte das Volk zu sehr, und es versamlete sich am Dinstag eine Menge Menschen auf dem Schloßplatz, unter den Linden und in der Breiten Straße, um das Schloß zu stürmen. Jedoch fehlte es an Anführung und Waffen und das Militair mußte scharf einhauen wobei es schon einige Todte gab. Aber die Volksmaße wurde immer größer, es wurden schon einige Straßen in der Nähe des Schloßes verrammelt und die Erbitterung gegen das Militair wurde immer ärger weil dieselben schon nach einigen Bürgern welche aus dem Fenstern sahen geschoßen und eingehauen hatten. Da trat eine Deputation von Bürgern am Donnerstag zusammen und begaben sich zum Könige und baten ihn das Militair zurückzuziehen, indem sie in Güte die Ordnung und Ruhe wiederherstellen wollten. Der König erklärte sich dazu bereit. Alle Bürger erhielten weiße Bänder worauf Schutz-Beamter gedrukt war, und die Ruhe war wiederhergestellt. Nachdem der König die Preßfreiheit und Einberufung des Landtages bewilligt hatte. Jedoch heute Mittag 12 1/2 Uhr da alles wieder ruhig war trat der König auf dem Balkon des Schloßes und sprach seinen Dank an die gesammte Bürgerschaft aus, daß sie so kräftig bemütht gewesen wären die Ruhe wiederherzustellen, da läßt die versamlete Menge den König hochleben. Jetzt wird am Schloße ein Battalion Infanterie aufgestellt und alle Straßen mit Kaffallerie besetzt, da kommandirt der Prinz von Preußen in Folge eines Mißverständnisses Feuer. Das Battallon giebt eine Salbe, die Kürassiere und Dragoner kommen von hinten und hauen ein und mehrere angesehne Bürger blieben. Dies war die Losung zum allgemeinen Aufstand. In allen Straßen wurden Barkaden erbaut. Alle Fuhrleute gaben ihre Wagen her. Die Brüken vor den Häusern wurden aufgerißen das Steinpflaster aufgerißen tiefe Graben in den Straßen aufgeworfen aus den Theatern werden die Waffen geholt, alle Waffenhandlungen werden ausgeräumt, alles ist thätig. Um 7 Uhr Abends rückten 2 Battallon von der Frankfurter Garnison welche hier schon 2 Tage auf das nächste Dorf einquartirt lag in das Frankfurter Thor und faßten eben innerhalb der Stadt Posta und blieben bis auf weitere Order daselbst stehen. Jetzt wurde unsere Straße erst ordentlich verbarikadirt, plötzlich um 10 1/2 Uhr Abends wird 3mal Generalmarsch geschlagen und das Schießen begann. Die Kugeln zischten hier vorbei, schlugen in die Häuser ein. Man hört Klageschrei der Verwundeten das Schißen ist nur ein Geknatter, von den Häusern fliegen die Steine auf das Militair überall hinter den Barikaden wird von den Bürger gefeuert, entlich müßen die Bürger weichen das Militair dringt durch unter beständigen Feuern bis auf den Alexanderplatz. Nachdem das Schießen in unserer Straße 1 1/2 Stunden dauert hatten der ganze Himmel ist ein Feuer indem auf 4 Stellen königl. Gebäude in Brand gesteckt sind. Sontag d. 19 März Auch in andern Theilen der Stadt ging es nicht besser her ja vielmehr noch schlimmer indem auf vielen Stellen mit Kartätschen unter die Bürger geschoßen wurde und furchtbare Verherungen anrichtete, besonders sollen in der Friedrichsstadt wahre Gräuelscenen vorgegangen sein, jedoch es würde es zu weitläuffig werden wollte ich alles schreiben was hier erzählt wird. Daher den weitern Verfolg. Alles ist thätig die Todten und Verwundeten werden in die Spitäler getragen die Barikaden werden noch fester gebaut als in gestrigen die Frankfurter Post welche soeben in das Thor kam wird, nachdem die Reisenden ausgestiegen und das Gepäck und Briefe in Sicherheit gebracht sind vor unserm Hause umgekehrt, die Zimmermeister geben ihr ganzes Bauholz her eine feste Barikade steht vor unserm Hause. Um 11 Uhr sollen die Frankfurter wieder auf das Dorf marschieren. Sie kommen auch bis an unserer Straße. Hier hatten sie schon eine Barikade genommen jetzt geht es auf die 2te vor unserm Hause los. Schon sind 30 unter beständigen Schißen übergeklettert. Diese werden aber sogleich entwaffnet. Der Oberst einsehend daß es unmöglich ist läßt umkehren. Plötzlich sinkt er von einer Kugel getroffen vom Pferdt nachdem auf bürgerlicher Seite nur 2 Verwundete waren mußten diese mit Verlust von vielen den Rückzug antreten. Die 30 wurden nur von der Wut des Pobels gerettet indem die Bürger sie in ihre Häuser namen und sie beschützten. 11 1/2 Uhr soeben ist der General Wellendorf von den Bürgern gefangengenommen, auf dem Alexanderplatz. Er wird in sichern Verwarsam gebracht und muß versprechen nachdem ihn das Gewehr auf die Brust gesetzt ist, daß sogleich soll eingehalten werden mit Schißen. Himit war das Schißen beendigt und vorzüglich sollen sich die Studen durch eine ruhmvolle Tapferkeit ausgezeignet haben und die Bürger in Besitz der Stadt das Militair mußte sich in ihre Kasernen zurückziehen. Um 1 Uhr erliß der König eine Proklamation an die Bürger. Sie sollten alle um 4 Uhr sich am Zeughause einfinden und es sollten ihnen die Gewehre gegen Vorzeigung des Bürgerbriefs ausgeliefert werden. Es versamleten sich sehr viele und alle Gewehre wurden vertheilt. Die Bürger bezogen sogleich alle Wachen. Es ist heute ein Jubel durch alle Straßen die ganze Stadt ist illuminirt. Freudenschüsse werden überall abgeschloßen und das Militair marschirt in aller Stille aus dem Thor unter Begleitung der Bürger indem die Erbitterung zu groß ist und das Volk sie in ihre Kasernen ordern will. Die ganze Wuth richtete sich am Montage auf den Prinzen von Preußen. Dieser hat heimlich Berlin und Deutschland verlassen, und wird nie wieder deutschen Boden betreten wie es der König selbst erklärt hat. Sein Palais konnte nur dadurch vom Demoliren geschützt werden, daß es der König als Eigenthum der Nation erklährte. Von allen Häusern und aus allen Fenstern weht jetzt die deutsche Nation-Fahne schwarz roth und gelbgold. Alles trägt die National-Kokarde.


Mittwoch den 22ten wurden alle gefallenen Bürgerlichen recht feierlich begraben, ... Särge, gefolgt von der Schützengilde, den bewaffneten Bürgern, den Studenten den Handwerkerverein und alle Gilden mit ihren Fahnen, ich stand am Schloße, der König erschien auf dem Balkon, und wischte sich die Thränen aus den Augen. Der Zug dauerte 1 1/2 Stunde ehe sie am Schloße vorbei kamen, im Friedrichshain vor dem Landsberger Thor ist ihre Begrabnisstätte in ein Viereck von 2 Reihen und in der Mitte kömt ein Denkmal ungefahr so [Skizze]. Die Bürger, die Schützengilde, im Verein mit den Studenten und der Handwerkerverein versehen jetzt alle Wachen und die Ruhe und Ordnung wird nicht im mindesten gestört. Das Militair wird nicht eher wieder einrücken als bis die Bürger es wünschen. Nach Beendigung des Landtages welcher am 2. April zusammentritt wird wieder ein feierlicher Aufzug von alle Gilden sein um dem König den Eid der Treue zu schwören. Jetzt sind alle ihres Eides entbunden. Dann wird unser Gewerk auch nicht zurückbleiben. Zu dem heutigen Leichenzuge konnten wir uns nicht so schnell organisiren indem der Baumeister (?) ein Tüstel ist. Soeben bin ich zu F. Hartkopf gewesen. Er und seine Frau sind recht munter. Ich soll Euch vielmals grüßen. Happenbeck ist vor 3 Wochen von hier abgereist nachdem er sich mit seinem ... erzürnt hatte. L. Bartels hat den Brief vorigten Sommer richtig abgeliefert, ich habe es in meinem vorigten Brief vergessen, es zu erwehnen und die Sache verhielt sich so wie er gesagt hat. Ich habe mir neulich einen Hut gekauft zu 2 Rth. und eine schwarz Atlas Weste 3 Rth 5 Sgr. Es freut mich daß Christian mit sein Geschäft guten Fortgang hat und ich wünsche daß es mit der Zeit immer noch besser werden möge. Ist den da in Lauenburg noch alles ruhig oder sind auch daselbst schon Unruhen ausgebrochen. Denn die Zeitung berichtet aus so vielen Orten von Unruhen. Jedoch die friedsamen Lauenburger sind gern zufrieden. Die Zahl der Todten und schwer Verwundeten auf beiden Seiten sind über 1000 jedoch ist es bis jetzt noch nicht genau ermittelt.


Viele Grüße an Euch allen und bleibet alle recht gesund und munter wie ich hoffe daß Euch dieser Brief auch antreffen möge und wie mich derselbe verläßt. Morgen Donnerstag fangen wir wieder an zu arbeiten. Diese Woche sind wir bis jetzt spatzieren gegangen.


euer Euch liebender Sohn und Bruder A Freystatzky


Lieber Heinrich!

Ich soll dir noch vielmal grüßen von den Magdeburger aus Breslau von Rudolph er arbeitet hier seit 6 Wochen wie auch von dem großen Haller der hier bei der Garde steht jedoch ob derselbe noch lebt weiß ich bis jetzt noch nicht wie auch von Moritz und den Morunger Schulz er ist hier M(ei)ster geworden jedoch es will nicht recht gehen er reist deshalb den 1 May ab in seine Heimath um in Dirschau anzufangen. Der Fürstenwalder ist von der Seilerei abgegangen und hat hier jetzt die Aufsicht über eine Waschmaschine in einem Krankenhause...